Mehr Fett verbrennen beim Laufen? Wir haben’s untersucht!

6 Minuten

Mehr Fett verbrennen ohne Nüchterntraining?

Um neben den kurzen und intensiven Einheiten auch den Fettstoffwechsel und somit unsere „Grundlage“ zu trainieren, sind meist Alternativen notwendig. Das „Nüchterntraining“, also eine Trainingseinheit ohne vorherige Nahrungszufuhr, eine erhöhte Fettverbrennung begünstig, ist bekannt. Aber wenige haben Zeit und Lust sich morgens aus dem Bett zu quälen um eine Stunde auf nüchternen Magen zu trainieren. Außerdem hat diese Trainingsmethode auch nach nachweislich negative Effekte. Explizit bei Frauen kann die energetische Unterversorgung oft katabole Prozesse befeuern. Können wir uns das also ersparen und trotzdem mehr Fett verbrennen beim Laufen?

 

Diagnose Berlin Fettstoffwechseltraining 2.0

Der Nachbrenneffekt sorgt für mehr Fettverbrennung

Die Ausgangsüberlegung stammt aus dem „Nachbrenneffekt“. Es wurde schon vielfach gezeigt, dass es im Anschluss an ein Training zu einer gesteigerten Fettverbrennung kommt. Dieser „Nachbrenneffekt“ ist durch eine erhöhte Sauerstoffaufnahme nach Trainingsende, dem sogenannten EPOC (excess postexercise oxygen consumption) gekennzeichnet. Die Höhe dieses Effekts ist dabei von der Intensität der vorangegangenen Belastung abhängig. Zum Beispiel verursacht eine kontinuierliche 30min Belastung mittlerer Intensität (85% der VO2max), eine geringere Sauerstoffmehraufnahme am Ende der Belastung als vier wiederholte 30sek „All-Out“-Sprints (Abb.1) .

Abb. 1 Nachbrenneffekt (sog. EPOC) nach verschiedenen Trainingsformen

Wir haben uns die Frage gestellt, ob man diesen Effekt nicht auch nutzen kann, um generell mehr Fett zu verbrennen. Wenn keine Nüchterneinheit möglich ist, wäre dies eine spannende Alternative. Aus diesem Grund haben wir verschiedene Trainingseinheiten miteinander verglichen, bei denen zu Beginn mit einem intensiveren Intervall gestartet sind.

 

Klassisches Training zur effektiven Fettverbrennung

Als Basiswert sind wir zunächst morgens ein klassisches Nüchterntraining gefahren (kein Frühstück, letzte Mahlzeit 8 – 10h vor der Einheit). Beim Nüchterntraining lag die Fettstoffwechselrate zu Beginn bei 32 g/h und stieg im Verlauf der Stunde auf 37 g/h (Abb. 2). Ein super effektives Training zur Fettverbrennung, aber das wussten wir ja bereits.

 

Fettstoffwechsel trainieren durch Nüchterntraining
Abb. 2 Eine Stunde „Grundlage“ fahren auf nüchternen Magen

 

Als nächstes fuhren wir (ein paar Tage später) die gleiche kontinuierliche Belastung, diese Mal nur mit gut gefüllten Kohlenhydratspeichern (letzte Mahlzeit 2-3h vor der Belastung). Hier sah das ganze Ergebnis schon ganz anders aus. Insbesondere zu Beginn der Einheit ist die Fettverbrennung sehr viel niedriger (11 g/h), verglichen mit dem Nüchterntraining. Sie steigt zwar im Verlauf der Stunde auf 18 g/h, ist damit aber immer noch deutlich weniger effektiv als bei einem Nüchtern Training (Abb. 3).

Fettverbrennung bei vorheriger Nahrungsaufnahme
Abb. 3 Eine Stunde Grundlage fahren nach vorheriger Nahrungsaufnahme

Effektiv mehr Fett verbrennen mit initialem Intervall

Nun unser Experiment um mehr Fett zu verbrennen. Mit einer nahezu „All Out“ Belastung bzw. einem Intervall zu Beginn der Stunde wollten wir den Organismus erstmal aktivieren, um dann im Anschluss die Grundlage mit dem „Nachbrenneffekt“ zu intensivieren.

Diese dritte Einheit wurde ebenfalls mit gut gefüllten Kohlenhydrat Speichern (letzte Mahlzeit wieder 2-3h vor Belastung) absolviert. Zu Beginn lag der Fettstoffwechsel mit 17 /g/h wieder im ähnlichen Bereich wie bei der Einheit zuvor (Unterschiede von ca. 5 g/h liegen im Bereich der üblichen Messabweichung). Nach 15min wurde eine „All Out“ Belastung in Form einer Rampe (20W alle 30sek bis zur Ausbelastung) absolviert um danach erneut für 30min kontinuierlich 200W zu fahren. Am Ende dieser Belastung lag der Fettstoffwechsel bei über 30 g/h und stieg somit im Vergleich zum Anfang um fast 50% an (Abb.4).

 

Fettstoffwechseltraining mit HIT
Abb. 4 Erhöhte Fettverbrennung in der Grundlage nach einem initialen Rampenintervall

 

Es wird also deutlich, dass eine hohe Belastung zu Beginn einer Einheit zu einem deutlich höheren Fettstoffwechsel im weiteren Verlauf der Einheit führt. Es scheint also möglich zu sein, mit einem intensiven Intervall und den dadurch entstehenden „Nachbrenneffekt“ mehr zu verbrennen. Dies würde eine deutliche Optimierung des Fettstoffwechseltrainings bedeuten, wenn auch diese Einheiten nicht an das Niveau eines Nüchterntrainings heran kommen.

Ähnliche Ergebnisse ergaben übrigens weitere Tests mit unterschiedlichsten Intervallformen. Wichtig ist, dass die Eingangsbelastung fordern ist um eine sogenannte „Sauerstoffschuld“ einzugehen. Hier am Beispiel eines 5+3 Minuten Intervalls (Abb. 5).

 

Fettstoffwechseltraining geht ab
Abb. 5 Erhöhte Fettverbrennung in der Grundlage nach einem initialen 5+3 Minuten Intervall

Warum ist das so?

Die Gründe dafür sind in diesem konkreten Zusammenhang (Nachbrenneffekt in Kombination mit Fettstoffwechseltraining) noch nicht erforscht, aber es lassen sich mit Sicherheit Parallelen zu EPOC Studien ziehen. Es ist wichtig anzumerken, dass die hier dargestellten Ergebnisse auf einer spirometrischen Messmethodik beruhen, welche bekanntermaßen durch intensive Intervalle beeinflusst wird*.

In den EPOC Studien werden mehrere Gründe für den gesehen Effekt diskutiert. Neben dem Verbrauch von schnellverfügbaren Kohlenhydraten führt die höhere Eingangsbelastung vor allem zu Veränderungen in der Hormonregulation. Nach hoch intensiven Einheiten wurden erhöhte Konzentrationen der Hormone Adrenalin und Noradrenalin nachgewiesen, welche eine stimulierende Wirkung auf den Fettstoffwechsel besitzen. Zudem ist eine bereits nachgewiesene, höhere Konzentration freier Fettsäuren und Glycerol nach Intervallen, ebenfalls ein Indikator für einen aktiveren Fettstoffwechsel.

 

Mehr Fett verbrennen? Unser Fazit.

Es lässt sich also zusammenfassen, dass um den Fettstoffwechsel Zeit effektiv zu trainieren die Ernährung und das sogenannte Nüchtern Training nach wie vor die besten Mittel darstellen. Falls dies aber nicht umsetzbar ist, führt eine „harte“ Belastung zu Beginn einer Einheit zu höherer Fettverbrennung währen und nach der Belastung und kann als „Trick“ genutzt werden, um ein zu kurz geratenes Grundlagentraining etwas zu intensivieren.

Das bedeutet nicht, dass man fortan jedes Fettstoffwechseltraining mit einem intensiven Intervall starten sollte. Der Körper passt sich sehr spezifisch an bestimmte Belastungen an. Diese Art von Training wird aufgrund der veränderten Hormonregulation und der entstandenen Sauerstoffschuld ein anderer Reiz für den Organismus sein und folglich andere zelluläre Mechanismen ansprechen. Wie immer macht hier die „Dosis das Gift“.

Viel Spaß beim mehr Fett verbrennen!

 

*Anmerkung

Die spirometrisch bestimmte Fettstoffwechselrate basiert letztendlich auf einer Berechnung aus dem Verhältnis von aufgenommenen Sauerstoff zu entstehendem CO2 und ist keine direkte Abbildung der Vorgänge innerhalb der Muskelzelle. So ist der initial deutlich höhere Fettstoffwechsel in den ersten Minuten einer intensiven Belastung bekanntermaßen auf eine verringerte CO2 Abgabe, bedingt durch Wiederherstellung des Blutpuffersystems,  zurückzuführen. Wir testeten allerdings auch sehr lange Zeiträume (plus 2 Stunden) und sahen die gleichen Effekte.

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