Laufen bedeutet für viele Menschen so viel, aber es kann auch Stress auslösen. Gerade das Training nach Trainingsplan setzt einen manchmal unter Druck. Man will ja aber auch seine Ziele erreichen… oder nicht?
Wir bei Twaiv glauben, dass wir bei der Frage nach dem „besten“ Training auch miteinbeziehen müssen, was Spaß macht, was umsetzbar ist und was einen den nächsten Schritt nach vorne gehen lässt. Denn nur das ist nachhaltig. Jeder Effort, der längerfristig mit „sich quälen“ zu tun hat, wird früher oder später dankbar fallen gelassen werden. Und wir sollten bei all dem „Hustle“ nicht vergessen, dass es darum geht uns etwas „Gutes“ zu tun, dass uns dabei hilft, uns besser zu fühlen… auf allen Ebenen!
Genau so wie wir nachhaltig etwas Gutes für uns tun wollen, so wird auch das Bewusstsein darüber immer geschärfter, was wir mit unserem Tun bei den Menschen und Umwelt um uns herum anrichten. Laufen braucht im Grunde nicht viel, trotzdem wollen wir immer mehr…
…und haben dabei glaube ich nicht immer das beste Gewissen. Hierüber haben wir mit Henning Heide von Runamics gesprochen.
Henning, was bedeutet für dich Laufen mit gutem Gewissen?
Für mich beginnt es bereits mit Offenheit. Ich bewerte Läuferinnen und Läufer nicht nach ihrem Tempo, ihrer Kondition, den wöchentlichen Kilometern, ihrem Stil und schon gar nicht nach ihrer Hautfarbe oder sexuellen Orientierung. Eine der vielen Dinge, die ich am Laufen so sehr liebe, ist die Tatsache, dass Menschen mit völlig unterschiedlichen Voraussetzungen und Fähigkeiten dennoch gemeinsam Sport treiben können – solange sie aufeinander eingehen. Eliud Kipchoge könnte mit mir einen Trainingslauf machen, und auch wenn er sich wahrscheinlich während des Laufens die Schnürsenkel binden könnte und ich völlig außer Atem wäre, würden wir dennoch etwas gemeinsam machen. Diese Kraft sollte man nie vergessen.
Durch das Laufen habe ich Menschen kennengelernt, die ich sonst niemals getroffen hätte, und ich habe sie alle nur danach sortiert, ob ich sie mag oder nicht, nicht danach, was uns unterscheidet. Beim Laufen hinterlassen wir auch einen geringen ökologischen Fußabdruck – keine Reisen erforderlich, kein herausragendes Equipment, eher geringe Barrieren für viele Menschen, unabhängig von Alter, Gewicht, Einkommen oder Sozialisation. Und das finde ich spannend. Bei Trailruns möchte ich möglichst wenig von der Natur zerstören, werfe keinen Müll in die Gegend und fand es irgendwann nur naheliegend, mich damit zu beschäftigen, dass Sportbekleidung größtenteils aus Erdöl hergestellt wird, eine enorme Menge an Abfall erzeugt und bei jedem Tragen sowie Waschen Mikroplastik abgibt. Im Vergleich zu anderen Industrien mag das geringfügig sein, im Vergleich zum Reifenabrieb von Lastwagen und Autos marginal. Aber wenn man bedenkt, dass 2021 das weltweite Marktvolumen 295 Milliarden Euro war und ein absoluter Großteil davon dreckig produziert wird, dann war es dringend nötig, auch hier endlich Alternativen aufzubauen.
Was sollte deiner Meinung nach jeder wissen bzw. bedenken, bevor er „konsumiert“?
Als Erstes: Weniger konsumieren. Es ist paradox, dass ich das als Vertreter einer Sportbekleidungsmarke erwähne, aber die ganze Misere mit billigem Fleisch in Massen, Unmengen an Plastikflaschen und auch die ständig wechselnden Trends in der Bekleidungsbranche haben wir uns selbst eingebrockt, weil wir immer mehr wollen. Wie viele Übergangsjacken, Hosen, die wir nie tragen, und insbesondere Sportbekleidung verstauben in unseren Schränken? Dabei geht es häufig nur um Besitz und nicht um Nutzung. Wir werden mittlerweile von Trends und vor allem von Preiswettbewerben und personalisierter Werbung beeinflusst. Dadurch gewöhnen wir uns an minimalste Preise und schrecken bei realistischen, durchdachten Preisen zurück. Wer einmal ein Steak für einen Euro gekauft hat und die Laufhose für 12 Euro, der möchte nie wieder zurück. Aber ich kann genau erklären, wer den versteckten Preis dafür bezahlt: unterbezahlte, oft minderjährige Arbeitskräfte vor Ort, verschmutztes Abwasser aus den Fabriken, Chemikalien in den Produkten und Mikroplastik in der Umwelt. Es gibt viele Faktoren, durch die der Preis eines Produkts gedrückt werden kann. Und genau diese Faktoren sorgen dafür, dass ein Produkt, das aus ökologischen und ethischen Gründen hergestellt werden soll, nicht so billig wie möglich angeboten werden kann.
Deshalb sollten Käuferinnen und Käufer sich durch den Dschungel von Versprechungen und falschen Siegeln kämpfen, um nach und nach zu erkennen, was wirklich nachhaltig ist, wo man möglicherweise nur für den Namen zahlt, wo das Sparen sich vielleicht nicht lohnt, weil man letztendlich doppelt zahlt oder jemand einem nur Falsches verspricht. Und ebenso – wie bereits erwähnt – sollten sie überlegen, ob sie die neue Hose, das neue Shirt überhaupt brauchen. Macht es mich schneller? Ist der Wald mein Laufsteg? Tut es nicht auch noch die alte? Habe ich nicht schon drei Windjacken? Bewusster Konsum ist der beste Weg, Geld zu sparen und Produkte zu wählen, die möglicherweise mehr kosten, aber länger halten und ökologisch und ethisch unbedenklich sind.
Wie siehst du in diesem Kontext die Rolle von runamics?