Jessica Jeworutzki: Forbes 30u30 Gründerin und Athletin

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Hey Jessica, erzähl uns doch zunächst mal ein wenig über Dich, deine Historie und Beziehung zu Sport im Allgemeinen.

Ich bin 31 Jahre alt und habe 2015 gemeinsam mit meinem Partner Bram Brammibal’s Donuts gegründet. Wir sind eine Berliner Bäckerei, welche sich auf die Herstellung veganer Donuts spezialisiert hat. Mittlerweile haben wir zwei Bäckereien in Berlin & Hamburg, neun Cafés sowie ein Büro in Friedrichshain. Insgesamt beschäftigen wir 135 MitarbeiterInnen.  

Ich komme ursprünglich aus dem Ruhrgebiet, habe eigentlich einen Background in der Pflege und war in meiner Jugend nie so richtig sportlich unterwegs. Ich hab zwar verschiedene Sportarten ausprobiert, aber nichts so richtig lange durchgezogen. Die längste Zeit war ich in einem Taekwondo Verein und hab auch bei ein paar Wettkämpfen mitgemacht. Diese „nur die harten kommen in den Garten“ Mentalität, die meine Trainer an den Tag gelegt haben, war mir aber zu viel und ich habe deswegen aufgehört.

2020 bin ich dann über meinen Partner Bram zum Rennradfahren gekommen – allerdings eher für entspannte Kaffeefahrten als strukturiertes Training. 

Ende 2021 habe ich eins meiner persönlichen Ziele erreicht und es auf die Forbes 30 under 30 Liste geschafft. Ich wollte mir für 2022 eine neue Herausforderung suchen und habe zufällig auf YouTube einen Training Vlog eines professionellen Triathleten gesehen. Ich dachte mir „puh, das sieht echt schwer aus“ und habe mich bei meiner ersten Mitteldistanz angemeldet und angefangen zu trainieren. Meine Absicht war es eigentlich nur ins Ziel zu kommen. Beim Rennen hatte ich dann aber so viel Spaß, dass ich mich danach gleich fürs nächste Event angemeldet habe.

 

Jessica Jewurotzki Gründerin Brammibal's Donuts und Athletin

 

Was ist deine Vision für Dich, dein Leben und Brammibal’s Donuts?

Wir haben Brammibal’s gegründet, um Menschen zu zeigen, dass man bei einer veganen Ernährung auf nichts verzichten muss. Wir werben ja nicht plakativ damit, dass bei uns alles ohne tierische Produkte auskommt, da wir bewusst niemanden „abschrecken“ möchten. Häufig merken es neue KundInnen erst nach ihrem Besuch und sie sind positiv überrascht, wie gut es geschmeckt hat.  

Da wir recht spontan und ohne Business Plan gestartet sind, versuchen wir immer, ein bisschen besser zu werden. Wir schrauben immer noch an unserem Rezept herum, probieren viele neue Sachen aus und expandieren nebenbei weiter. Ich hab einfach Spaß daran, Sachen zu erschaffen, mit denen wir andere Menschen begeistern können. Mit dieser Mentalität steh ich jeden Tag auf. 

Darüber hinaus ist es mir wichtig zu zeigen, dass man mit Erfolg ein nachhaltiges Unternehmen in der Gastronomie aufbauen kann. Denn das ist immer noch eine ziemliche Nische.

 

Jessica Jewurotzki Gründerin Brammibal's Donuts beim Triathlon

 

Du hast ja durchaus viel um die Ohren. Was ist dein Antrieb, da noch regelmäßig Zeit für Sport zu priorisieren? Was gibt dir regelmäßiges Training?

Ich habe es tatsächlich erst durch meinen Trainingsplan geschafft überhaupt eine Work-Life-Balance zu haben. Als Unternehmerin habe ich ja keinen direkten Vorgesetzten, der mir über die Schulter guckt, ob ich Überstunden habe. Es gibt immer irgendwelche Mails zu beantworten oder Projekte, an denen wir arbeiten. Es ist super verlockend, einfach weiter zu arbeiten – denn man möchte sein Team & die KundInnen nicht enttäuschen und stellt sich somit oft 24/7 zur Verfügung. Nach 5 Jahren intensiver Arbeit ohne Urlaub war ich mental und körperlich überhaupt nicht mehr fit. Wenn ich jetzt ins Schwimmbad gehe oder eine Runde laufe, bin ich wirklich nicht erreichbar und bekomme den Kopf so frei.

Durch regelmäßiges Training bin ich außerdem ein entspannterer Mensch geworden. Ich hatte schon immer sehr viel Energie und Enthusiasmus, gepaart mit Sturheit, und habe das zu 100% in die Arbeit gesteckt, teilweise zum Leid meiner KollegInnen. Das Training holt mich wieder ein bisschen auf den Boden zurück.

 

Jessica Jewurotzki Gründerin Brammibal's Donuts auf dem Rad

 

 

 

Siehst du Parallelen zwischen Sport und Business? Hast du für dich in deiner Entwicklung als Unternehmerin auch Dinge gelernt, die dich als Sportlerin geprägt haben?

Auf jeden Fall! Ich habe drei Dinge gelernt:

1. Es lohnt sich, dran zu bleiben. Als ich mit dem Laufen angefangen habe, hat sich das echt nicht gut angefühlt und ich war nach 500 Metern total aus der Puste. Aber ich bin es langsam angegangen und habe die Distanz immer ein bisschen nach oben geschraubt, bis ich nach 4 Monaten dann meinen ersten Halbmarathon laufen konnte. Natürlich gibt es beruflich auch bei mir immer mal Momente, wo ich den Kopf in den Stand stecken will. Aber man muss sich aufraffen und weitermachen.
2. Zusammen macht es mehr Spaß. Ich trainiere zwar meistens alleine, aber wenn man beim Rennen ohne MitstreiterInnen oder Zuschauer, die einen anfeuern unterwegs wäre – das wär doch nix, oder? Es ist einfach schöner, wenn man die Höhen und Tiefen mit anderen Menschen teilen kann. Einer meiner Kollegen war von meinem Triathlon so inspiriert, dass er sich langfristig das Ziel gesetzt hat, einen Marathon zu laufen. Er war vorher auch nicht wirklich sportlich aktiv, läuft aber nun seit ein paar Monaten. Am Samstag laufen wir unseren ersten 10 km Lauf zusammen beim adidas night run. Das macht mich echt glücklich.
3. Man muss nicht Alles können. Genau so wie ich es nicht von mir als Unternehmerin erwarte, gleichzeitig ein Profi in Marketing, Buchhaltung und Personalangelegenheiten zu sein würde ich es heutzutage auch nicht mehr von mir erwarten mit dem Schwimmen, Laufen und Radfahren anzufangen ohne mir Tipps und Unterstützung von außerhalb einzuholen.

 

Was macht für dich „gutes“ Training aus? Was ist dir wichtig, dass du sagst, ein Training „funktioniert“ langfristig für Dich?

Es muss Spaß machen. Ich trainiere um die 15 Stunden pro Woche und es gibt natürlich auch mal Tage, an denen gefühlt alles schief geht und ich mich wie ein Kartoffelsack beim Schwimmen fühle. Aber langfristig ist ein Training nicht nachhaltig, wenn man keinen Spaß daran hat. Außerdem ist es mir wichtig, dass ich mich weiterhin verbessern kann und aus meiner Komfortzone rauskomme.

 

 

Jessica Jewurotzki Gründerin Brammibal's Donuts mit Twaiv

 

Du bist sicher auch durch Höhen und Tiefen gegangen, in allen Lebensbereichen. Was würdest du Menschen raten, die daran zweifeln, ob sie wirklich sportlich sein können?

In der Schule wurde ich immer als letzte Person gewählt wenn irgendein Teamsport auf dem Plan stand – kein Witz. Das hat mich natürlich nicht gerade dazu ermutigt, sportlicher zu werden. Aber: wenn man schon selbst nicht an sich glaubt, wer dann? Man muss halt nur damit anfangen. Nicht zu viel von sich verlangen, Spaß dabei haben und am besten noch andere Menschen finden, mit denen man trainieren kann, damit man am Ball bleibt.
 
Für mich war die Anmeldung bei einem Rennen super motivierend. Denn ich wusste, irgendwann kommt der Tag X, an dem ich diese Distanz schaffen muss. Ich hatte natürlich auch allen FreundInnen, Bekannten und KollegInnen davon erzählt und wollte niemanden enttäuschen. Dabei sollte man aber immer realistisch bleiben und sich nicht von heute auf morgen bei einem Marathon anmelden um unnötige Verletzungen zu vermeiden.
Jessica Jewurotzki Gründerin Brammibal's Donuts mit Twaiv

 

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